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Semantiken des Verzichts

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Kommende Veranstaltungen

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Vergangene Veranstaltungen

Anständig Essen?! Ein Selbstversuch - Lesung und Gespräch mit Karen Duve

19:00 Uhr | Gartenpavillon, Juliusspital, Klinikstraße 1, 97070 Würzburg

Ethische Fragen der richtigen Ernährung bergen oft Konfliktpotenzial. Doch angesichts des fortschreitenden Klimawandels und der Auswirkungen, die beispielsweise der hohe Fleischkonsum auf Mensch und Umwelt hat, scheint ein Umdenken geboten. Aber wie kann ein ethischer Umgang mit Lebensmitteln aussehen - und gelingen? Müssen wir notwendigerweise Verzicht üben? Leben wir sonst auf Kosten anderer? Diesen Fragen ist die Bestsellerautorin Karen Duve nachgegangen und hat zehn Monate lang verschiedene Ernährungsweisen ausprobiert. Ihren Selbstversuch hat sie in dem Buch „Anständig Essen" unterhaltsam dokumentiert. Darin setzt sie sich mit den Widersprüchen ihres Lebensstils auseinander, entlarvt die Ausreden, die einen sorglosen Umgang mit Lebensmitteln prägen, und zeigt auf, welchen persönlichen Gewinn veränderte Gewohnheiten haben können. In der moderierten Lesung schildert Karen Duve ihre Erkenntnisse aus dem Selbstversuch und diskutiert, was unter den Vorzeichen eines notwendigen Verzichts als Maßstab für ein gelungenes Leben gelten kann und welche gesellschaftlichen Veränderungen dafür notwendig sind.

der Flyer zur Veranstaltung

Dimensionen des Verzichts - gestern, heute, morgen

Tagung vom 1.-2. Februar 2024

Schelling-Forum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an der Universität Würzburg, Klinikstr. 3 97070 Würzburg Die Tagung im Rahmen des BAdW-Kurzprojekts zu „Semantiken des Verzichts" geht unterschiedlichen Dimensionen des Verzichtsbegriffes nach. Im ersten Panel wird es um eine diachrone Betrachtung und um eine ideengeschichtliche Einordnung von Verzichtsdiskursen gehen, die aus verschiedenen disziplinären Perspektiven beleuchtet werden. Das zweite Panel fokussiert synchron auf die aktuelle Diskussion um Verzicht unter soziokulturellen, politischen und ökonomischen Vorzeichen. Im dritten Panel stehen Verzichtserzählungen und ästhetische Praktiken im Mittelpunkt und es wird sondiert, wie Verzicht künstlerisch imaginiert und gesellschaftlich kommuniziert werden kann. Bitte melden Sie sich zur Teilnahme per E-Mail hier an: semantiken-des-verzichts@badw.de

Das Unbehagen am Verzicht

Podiumsdiskussion mit Monika Schnitzer und Peter Strohschneider

Bayerische Akademie der Wissenschaften, Alfons-Goppel-Straße 11, 80539 München

Die Abendveranstaltung widmet sich einem Begriff, der in gesellschaftspolitischen Diskussionen stark polarisiert: Verzicht. Forderungen nach Verzicht sind einerseits moralisch aufgeladen und werden oft mit großer Vehemenz zurückgewiesen -- die Verzichtsdebatte lässt kaum jemanden indifferent. Inwiefern können, ja: müssen wir heute lernen zu verzichten? Auf diese Frage eine Antwort zu finden, dürfte zu den „Zumutungen" in einer pluralistischen, freiheitlich-demokratischen Gesellschaft zählen, denen der Literaturwissenschaftler und ehemalige DFG-Präsident Peter Strohschneider in seinem gleichnamigen Buch nachgeht. Dabei ist ein Austausch der Argumente in der Verzichtsdebatte genauso relevant wie das „Framing", also die Frage, was Menschen mit dem Begriff assoziieren: Die Ökonomin und Wirtschaftsweise Monika Schnitzer weist darauf hin, dass bereits das Reizwort „Verzicht" mitunter wichtige sachliche Differenzierungen überstrahlt und zu einer Verzerrung der politisch notwendigen Diskussionen um Reformen, Anreizsysteme und die Notwendigkeit von Veränderungen beiträgt. 

Wie also müssten wir die Debatte über Verzicht führen, damit sie niemanden abschreckt und letztendlich zu positiven Resultaten führt? Darüber diskutiert mit unseren beiden renommierten Gästen der Kulturjournalist Jens-Christian Rabe von der Süddeutschen Zeitung.

der Flyer zur Veranstaltung (PDF)

Verzichten Müssen (Teil 1 der Veranstaltungsreihe „Verzichten - müssen, können, lernen")

Gespräch mit Livestream

19:00 Uhr | Gartenpavillon, Juliusspital, Klinikstraße 1, 97070 Würzburg

Gespräch mit Ulrike Herrmann über ihr Buch Das Ende des Kapitalismus: Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Verzichten - müssen, können, lernen“, die von der neuen Projektgruppe „Semantiken des Verzichts“ der Bayerischen Akademie der Wissenschaften organisiert wird, stellte die Autorin und Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann am 26. April 2023 in Würzburg ihr aktuelles Buch Das Ende des Kapitalismus: Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden (2022) vor. Die Autorin diskutiert darin Themen wie Demokratie, Wohlstand und die Auswirkungen des modernen Kapitalismus auf die Umwelt und das Klima sowie die daraus resultierenden katastrophalen Folgen für die Menschheit. Im Gespräch mit Prof. Dr. Heike Paul (Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg/BAdW) diskutierte die Autorin darüber, wie eine Energiewende und grünes Wachstum sinnvoll und möglich sind und zeigte auf, dass eine Abkehr vom modernen Kapitalismus als Gesellschaftssystem unabdingbar sei, um die Klimakrise zu bewältigen. 

Der Kapitalismus, so Ulrike Herrmann, sei ein System, das keine Lösungen für die aktuellen Herausforderungen, wie z.B. die Rohstoffknappheit, biete. Die Folgen des ständigen Wachstums, von dem das Funktionieren einer kapitalistischen Wirtschaft abhängig ist, seien hingegen so fatal, dass ein radikales Umdenken notwendig sei. Da grünes Wachstum eine Illusion sei, müsse zum Schutz der Umwelt und zukünftiger Generationen ein gesamtgesellschaftliches Schrumpfen staatlich verordnet werden. Dies mache Verzicht - sowohl individuell als auch kollektiv - unumgänglich. Was Verzicht genau bedeutet, wurde im Gespräch und in der anschließenden Diskussion mit dem Publikum näher beleuchtet. Dabei betonte Ulrike Herrmann, dass ein unkontrolliertes Schrumpfen ebenfalls negative Folgen haben könne. 

Wie ein effektives „grünes Schrumpfen" umgesetzt werden könne, legte Ulrike Herrmann dar. Sie sieht in der britischen Kriegswirtschaft des 20. Jahrhunderts ein Modell mit Vorbildcharakter: Hier wurde auf zivil-wirtschaftliche Einschränkungen im Rahmen einer Planwirtschaft gesetzt, die auf Rationierung statt auf stetiges Wachstum baute. Staatliche Planung der Produktion und Rationierung sollten sicherstellen, dass im Sinne einer Kreislaufwirtschaft nur so viel produziert, wie benötigt wurde. In Anlehnung an diesen historischen Bezugsrahmen fordert Ulrike Herrmann den Übergang zu einer ökologischen Kreislaufwirtschaft. Dies erfordere ein breites gesellschaftliches Umdenken, das auf makroökonomischer Ebene angestoßen werden müsse.

Das Video zum Gespräch finden Sie hier

Verzichten Können (Teil 2 der Veranstaltungsreihe „Verzichten - müssen, können, lernen")

Podiumsdiskussion mit Livestream

19:00 Uhr | Bayerische Akademie der Wissenschaften, Alfons-Goppel-Straße 11, 80539 München

Gespräch mit Elena Schirnding de Almeida und Doris Kleilein

In der zweiten Veranstaltung der Projektgruppe „Semantiken des Verzichts" stand die Frage des Verzichten Könnens im Mittelpunkt der Debatte. In der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München diskutierten am 16. Mai 2023 die beiden Architektinnen Elena Schirnding de Almeida und Doris Kleilein gemeinsam mit Prof. Dr. Astrid Séville (Junges Kolleg, BAdW/TU München, Hochschule für Politik) darüber, welche Bedeutung unserer geplanten, gebauten und gestalteten Umwelt in der Verzichtsdebatte zukommt - und welche Herausforderungen dadurch für Planende, Gestalter*innen, Architekt*innen, aber eben auch für Bürger*innen entstehen. Dabei beschäftigen sich die drei Diskussionsteilnehmerinnen nicht nur mit den naheliegenden Fragen der Nachhaltigkeit, sondern auch mit technischen, ästhetischen und gesellschaftspolitischen Dimensionen des Verzichts im Planungs- und Bauwesen.

Elena Schirnding de Almeida, Stadtplanerin und Mitarbeiterin an der Professur für Urban Design an der TU München, rückte zu Beginn des Abends die notwendigen Transformationsprozesse in den Mittelpunkt der Debatte. Die hohe Umweltbelastung, die bei einem Neubau anfällt, habe dazu geführt, dass sich Architekt*innen und Planer stärker mit der Umgestaltung des Bestandes beschäftigen müssen. So sei die grundsätzliche Infragestellung von Neubautätigkeiten zwar sinnvoll, aber dürfe nicht den Blick auf die eigentliche Herausforderung verstellen: die umweltfreundliche Sanierung des großen Bestandes in Deutschland. Schließlich sei der Umbau einer Stadt eine gewaltige Aufgabe, die von Planende und Architekt*innen im Zusammenspiel mit Politiker*innen und Bürger*innen vorangetrieben werden müsse. Besonders wichtig sei es nun dabei, Tempo in die Umgestaltung zu bringen. Dafür sei ein Mentalitätswandel in der Verwaltung notwendig. Es brauche mehr Mut und Geschwindigkeit bei den Planungs- und Genehmigungsprozessen, um die Bauwende erfolgreich zu meistern.

Doris Kleilein, Architektin und Leiterin des Architekturbuchverlags Jovis, nannte vier Motive, die den Verzicht in der Stadtplanung künftig prägen werden: den Verzicht auf die weitere Zersiedelung der Landschaft, den Verzicht auf ausufernde Wohnfläche, den Verzicht auf Wege für individuelle Mobilität sowie den Verzicht auf energieaufwendige Baumaterialien. Dazu brauche es neue Wohnkonzepte und Erzählungen des Zusammenlebens, die den Verzicht nicht als einen Verlust von Komfort darstellen. So könne das gegenwärtige Sterben der Innenstädte zwar kurzfristig Sorgen bereiten, doch mittelfristig auch neue Chancen für Anwohner*innen bieten. Künftig könne wieder gemeinsam darüber verhandelt werden, wie öffentliche Räume zu gestalten seien. Wo heute Leerstand herrscht, könne morgen schon ein Kindergarten, Spielplatz oder Park ganze Viertel revitalisieren und zu neuer Lebensqualität führen.

Das Video zum Gespräch finden Sie hier

Verzichten Lernen (Teil 3 der Veranstaltungsreihe "Verzichten - müssen, können, lernen")

Podiumsdiskussion mit Livestream

19 Uhr | Gartenpavillon, Juliusspital, Klinikstraße 1, 97070 Würzburg

Gespräch mit Prof. Dr. Astrid Müller, Prof. Dr. Daniel Fischer und Klaus Schilling

In der abschließenden Podiumsdiskussion der Veranstaltungsreihe „Verzichten - müssen, können, lernen", organisiert von der Projektgruppe „Semantiken des Verzichts" der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, standen Überlegungen zum Lernen von Verzicht im Mittelpunkt. Am 27. Juni kamen drei Experten ihres Gebiets im Gartenpavillon des Juliusspitals in Würzburg zusammen, um darüber zu diskutieren, wie gesellschaftlich Lernprozesse für ein nachhaltiges Verhalten angeregt werden können.

Prof. Dr. Daniel Fischer plädierte „Verzicht" weniger als ein Verbot, sondern vielmehr als langfristige und möglichst optimale Bedürfnisbefriedigung zu rahmen.

Prof. Dr. Astrid Müller berichtete von ihrer langjährigen Arbeit mit Patientinnen und Patienten, die an substanzunabhängigem Suchtverhalten leiden. Sie betonte die psychologischen Gründe für den Wunsch nach schneller Bedürfnisbefriedigung, auf die zu verzichten häufig nicht einfach sei.

Klaus Schilling betonte als Bundeskoordinator der UNESCO-Projektschulen die Relevanz von Partizipation gerade junger Menschen im gesellschaftlichen Diskurs um Verzicht. Jugendliche hätten große Sorgen angesichts des Klimawandels und würden Verzicht einfordern. Das Gespräch wurde von Prof. Dr. Annette Scheunpflug (Otto-Friedrich-Universität Bamberg/BAdW) moderiert.

Einig waren sich alle, dass auf den Klimawandel mit kollektiven Lernprozessen zu antworten ist. Daniel Fischer betonte in diesem Kontext die Relevanz sozial erlernter Reflexivität. Für dieses soziale Lernen steuerte Klaus Schilling verschiedene Beispiele aus den UNESCO-Projektschulen bei. Astrid Müller betonte, dass die Akteure in diesem Diskurs „die Sprache der Leute sprechen" und offene Lernräume schaffen müssten, um entsprechend breite Anschlussfähigkeit zu ermöglichen.

Lust und Freude statt Verbot und Verzicht - diesen Perspektivenwechsel sah Klaus Schilling abschließend notwendig, um Lern- und Veränderungsprozesse attraktiv für Schule und Gesellschaft zu machen. Prof. Dr. Astrid Müller ergänzte die Bedeutung von Emotionalität, die es bedarf, um Lernprozesse in Bezug auf langfristige Bedürfnisse zu aktivieren. Prof. Dr. Daniel Fischer unterstrich, dass ein „Gegenframing" zur Verbotsdebatte initiiert werden müsste, in welchem Verzicht sozial-kollektiv als alternative Form des Lebens und Ausdruck eigener Individualität gerahmt wird.

Das Video zum Gespräch finden Sie hier